Rüggeberg, ein Grenzdorf

                                                                                                                                                               (von Werner Balke)

 

Hart an der Grenze zum Bergischen Land (Rheinland) und ca. 10 Kilometer südöstlich von der Schwebebahn-Stadt Wuppertal entfernt liegt Rüggeberg, dessen Name aus dem Althochdeutschen Roycheberg, was Krähen- oder Rauher-Berg bedeuten könnte, abgeleitet wurde. Dieser ursprüngliche Name findet sich bereits in Steuer-Erhebungslisten aus dem Jahr 1315, jedoch kann man davon ausgehen, dass die Besiedlung dieser waldreichen und sehr hügeligen Region bereits im 6. bis 7. Jahrhundert begonnen hat, und zwar durch Siedler aus den östlichen germanischen Gebieten, z.B Sachsen. Bevor Rüggeberg zur Ortsbezeichnung für die vielen auf ..ingen oder ..inghausen endenden Gehöfte wurde, bestanden hier die Bauernschaften Schweflinghausen und Mühlinghausen bereits über viele Jahrhunderte. Es heißt auch, dass der Franken-Kaiser "Karl der Große" hier seinen ausgedienten Soldaten Land geschenkt hat, um  im Grenzgebiet zwischen seinem Einflußgebiet und dem der Sachsen, die ja damals noch "heidnisch" waren, seine Macht zu festigen. Ungefähr 500 Jahre später verlief abermals eine Grenze durch dieses Gebiet. Dieses Mal jedoch zwischen den Grafschaften Mark und Berg, welche zunächst vereint gegen die Kölner Erzbischöfe agierten, sich jedoch ab 1324 entzweiten und gar feindlich gegenüberstanden. Zeugen dieser Konfrontation zwischen den Grafen von der Mark und derer von Berg sind die heute noch sichtbaren, sogenannten Landwehren, (Erdwälle und Gräben), die sich südlich vom Ortsrand kilometerweit durch die Wälder, teils auch noch durch Felder und Weiden ziehen. Auf den von den Siedlern gerodeten Flächen wurde Ackerbau betrieben sowie Weiden für  Vieh angelegt. Der Boden an den teilweise steilen Hängen ist jedoch nicht sehr fruchtbar und die Landarbeit sehr mühselig, weshalb im Laufe der Zeit mehr und mehr auf Milcherzeugung gesetzt wurde. Noch sichtbare Zeugen des Ackerbaus sind die aus schweren Eichenbohlen gezimmerten Kornspeicher, auch Haferkästen genannt, die auf fast allen größeren Gehöften abseits des Hauptgebäudes standen und nicht nur der Aufbewahrung des Getreides, insbesondere des Saatgutes, sondern notfalls auch dem Schutz der Bewohner vor Übergriffen marodierender Banden und als Notquartier nach Bränden dienten. Da die Landwirtschaft nicht allzu ergiebig und immer witterungsabhängig war, suchte man schon früh nach zusätzlichem Erwerb und begann schon im 15.Jahrhundert die vorhandenen Naturschätze, nämlich Holz, Wasser und Eisenerz zu nutzen, indem man das Erz aus den Berghängen holte, aus dem reichlich vorhandenem Holz in Meilern Holzkohle herstellte und die Kraft des Wassers nutzte.

In sogenannten Rennfeuer-Öfen wurde das Eisenerz mittels Holzkohle erschmolzen und dann in den mit Wasserrädern angetriebenen Hämmern zu groben Eisenstäben oder Platten geschmiedet. Aus diesen wurden dann in weiteren Arbeitsgängen allerlei Gerätschaften und Werkzeuge hergestellt. Man schmiedete Hämmer, Ambosse, Sensen, Sicheln, Pflugscharen, Zangen, Meißel, Beschläge und vieles mehr. In den ebenfalls mit Wasserkraft betriebenen Schleifkotten wurden die Produkte verfeinert. Auf den Höhen, wo keine Wasserkraft zur Verfügung stand, wurden in kleinen Schmitten, die sich bei fast jedem Gehöft fanden, kleinere Eisenteile wie Nägel, Schrauben und Schlösser hergestellt . Da man weit mehr produzierte als man selbst verbrauchte, mussten Kaufleute gefunden werden, die die Waren an den Mann brachten und damit endlich das bitter benötigte Geld in die Kassen der Produzenten. Es fanden sich alsbald tüchtige Kaufleute, die für die produzierten Waren  Kunden in ganz Deutschland und auch im Ausland hatten und schon entwickelte sich ein schwunghafter Handel. Die Kaufleute nahmen zunächst die Waren auf Lager (in Kommission) und rechneten mit den Herstellern erst ab, nachdem sie die Waren auf ihren teilweise weiten Geschäftsreisen verkauft hatten. Diese sogenannten Kommissionäre, bzw. deren Häuser und Büros prägten über zwei bis drei Jahrhunderte das Rüggeberger Ortsbild und machten unser Dorf  zu einem weit bekannten Handelsort, ähnlich den Hanse-Städten. Rüggeberg , ein Grenzdorf zwischen Landwirtschaft, Industrie und Handel, ist heute  ein Teil der 1949 gegründeten Stadt Ennepetal.